Einige von Euch kennen Lea bereits von den Drop-In Sonntagen bei HANDFUL. Lea unterstützt mich seit gut einem Jahr im Atelier und öffnet regelmässig die Türen für Euch. Ich bin wahnsinnig dankbar für ihre freundliche und ruhige Energie, ihr Auge fürs Detail und ihre Lust an der Arbeit. Mit Beginn 2025 wird Lea nun auch HANDFUL Workshops anbieten. Was für ein Glück für Euch! Ein Grund mehr, Lea mal von sich erzählen zu lassen.
Lea und ich haben uns während einer meiner Workshops kennengelernt. Sie fiel mir unter den Teilnehmenden auf, weil sie bereits eine sehr professionelle Arbeitsweise hatte - auf der einen Seite sehr konzentriert aber gleichzeitig keine Spur von Verbissenheit, Erwartungshaltung oder Druck. Ihre eigene Formensprache und fantasievollen Kreationen trugen ihre positive und leichtfüssige Handschrift. Kurze Zeit später fing sie an für HANDFUL zu arbeiten und ist heute nicht mehr wegzudenken.
Guten Morgen Lea, was war das erste, was du heute morgen angefasst hast?
Ich habe heute als erstes meine Brille angefasst.
Ah siehst du mal, ich glaube ich habe dich noch nie mit Brille gesehen. Erzähl uns etwas mehr von Dir. Was hat dich nach Berlin verschlagen?
Mein Weg nach Berlin war mehr oder weniger ein zufälliger, als temporäre Option gedacht. Durch die Unterbrechung meines ersten Studiums, war ich auf der Suche nach einem Praktikumsplatz und habe so 6 Monate in Berlin verbringen wollen. Das war 2014 und aus 6 Monaten wurden jetzt fast 11 Jahre.
Hast du einen Lieblingsort in Berlin?
Viele! Aber der Ort, an den ich zwar zu selten zurückkehre aber der mich immer wieder fasziniert ist die Kapelle auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, dort ist die permanente Lichtinstallation von James Turrell zu sehen. Durch das Erfahren der Installation hinterfragt mensch die räumliche Wahrnehmung im Zusammenspiel mit Farbe. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie mit einer scheinbaren Einfachheit
eine so nachhaltige Illusion entsteht.
Wann hast du angefangen mit Ton zu arbeiten und was war der Impuls bzw. Anreiz
für dich?
Den ersten Kontakt mit Ton hatte ich, neben Kursen in der Grundschule, in meinem Auslandssemester in Toronto im Zuge meines Studiums. Dort belegte ich einen Aktkurs und wir beschrieben die Modelle mit Ton. Es fühlte sich für mich natürlich an, einen Menschen im räumlichen Kontext mit einem haptischen Medium zu reproduzieren.
Welche Bedeutung hat Ton für dich?
Ich denke, Ton gewinnt für mich mehr und mehr an Bedeutung, weil er mir jeden Tag Neues lehrt. Er ist für mich ein Ort der Ruhe, aber kann auch ein Ort der Aufregung sein. Durch den Ton verstehe ich mehr und mehr, dass meine Hände und mein Kopf in direkter Verbindung stehen. Durch ihn verstehe ich mich
manchmal ein bisschen besser. Ich liebe seine Diversität, seine verschiedenen Lebensabschnitte und dass er einen eigenen Willen hat. Man kann ihn nicht zwingen. Auch bedeutet er mir viel, weil es eine Leidenschaft ist, die ich mit meiner Mutter teile, das Haus meiner Eltern ist voll mit handaufgebauten Werken meiner Mutter.
Was machst du, wenn du nicht mit Ton arbeitest?
Neben der Arbeit als selbstständige Motion Designerin verbringe ich viel Zeit mit dem Erstellen von Illustrationen, die ich nicht nur in Skulpturen verwandeln (will), aber auch mithilfe von Siebdrucken vervielfältige, ich liebe das Spiel mit Farben mit beiden Medien.
Kannst du uns etwas über die Verbindung zwischen deinen Illustrationen und
deiner Keramik erzählen?
Meine Keramik basiert auf meinen Illustrationen. Da meine Illustrationen viele Kreaturen beinhalten, die sich oft in einer floralen Welt befinden, bieten sie für mich den perfekten Nährboden, sie auch ‚zum Leben zu erwecken‘, sie in räumlichen Kontext zu stellen. Sie wachsen aus der Zweidimensionalität heraus und werden dreidimensional erfahrbar durch den Ton. Und auch aus der fertigen Skulptur
fertige ich wiederum Zeichnungen an, es entsteht Metamorphose. Zusätzlich verbinde ich beide Techniken, in dem ich die Skulptur als eine Form von Leinwand betrachte, auf die ich zeichnen kann.
Kannst du eine schnelle Skizze einer fiktiven Vase zeichnen, die von einer deiner
Illustrationen inspiriert ist?
Wie würdest du deinen visuellen Stil beschreiben?
Bunt, naiv, ja fast ein wenig kindlich, sowie grotesk. Meine Faszination liegt in dem visuell verzerrten, zufällig wirkendem, unperfekten. Die Kreaturen haben oft einen weltlichen Ursprung, driften bei ihrer Entstehung oft in das Fantastische ab, ohne an Nahbahrkeit zu verlieren. Ich sehe sie als Botschafter*innen der Themen, die sie verkörpern: Feminismus und sein historischer Kontext, Mythologie und Märchen.
Welche Technik / Methodik ist deine Lieblingstechnik wenn du mit Ton kreierst?
Ich starte meist mit Pinching und erarbeite mir so meine Elemente, um sie dann zu einer Skulptur zusammenzusetzen. Ich genieße den Moment, wenn alles zusammenkommt, ich mit Schlicker die Teile aneinanderfüge und sich so zu einer Kreatur weiterentwickeln.
Kannst du eine Skizze von deinem Lieblingswerkzeug machen?
Was ist das wichtigste Learning für dich, bzgl. dem Umgang mit Ton?
Der Ton und ich arbeiten in Kollaboration. In stiller Absprache müssen wir uns über Abläufe einigen, Timing ist hier das Wichtigste. Damit kommt ein großes Learning: Geduld üben und versuchen, Achtsam bleiben. Eine immer wiederkehrende Frage an den Ton: Wann ist der richtige Zeitpunkt für welchen Arbeitsschritt?
Was ist dir persönlich wichtig, bei den Keramik-Workshops, die du bei HANDFUL
gibst?
Ich möchte zeigen, dass alles ein Prozess ist und es wichtig ist, diesen zu durchlaufen, um zu lernen und zu verstehen. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, die beim künstlerischen Schaffen existentiell ist. Vielleicht sind wir nicht zufrieden mit jedem Ergebnis, aber es führt uns sicher auf unserem Weg weiter.
Was ist das Besondere an HANDFUL in deinen Augen?
Ich schätze HANDFUL als Raum der Begegnung, ich nehme ihn war als Raum der Entfaltung wahr, ohne Gefahr von Verurteilung. Von deinen Arbeiten umgeben zu sein bietet permanente Inspiration. Ich liebe es, hereinzukommen, den Duft von noch heißem Tee wahrzunehmen, wenn HANDFUL vollkommene Ruhe ausstrahlt, ich mich im flow befinde und dort die Zeit vergessen kann. Die Ergänzung dazu bietet für mich der drop-in Sonntag, es kann voll mit kreativen Köpfen sein, von denen ich selbst lerne und andere Blickwinkel wahrnehmen darf.
Die Möglichkeit mich hier künstlerisch auszuprobieren und weiterzuentwickeln sehe ich als Privileg, da es ein Ort ist, an den ich zurückkommen kann, weiterarbeiten kann, in den Austausch gehen kann und wo Raum zum Lernen ist. Es ist sehr einfach sich zuhause zu fühlen. Ich schätze dein Vertrauen, es stärkt
mein eigenes in meine Arbeit.
Kannst du uns etwas über die Serie deiner ersten Solo-Show erzählen?
Feministische Lesarten lassen die Sirenen zu aktiven Figuren werden, die Kontrolle durch ihre Stimme ausüben – im Gegensatz zu passiven, negativ besetzten Frauenbildern in diesem Kontext. Diese Idee steht im Zentrum meiner Arbeit The Song Nobody Knows, in der ich groteske, laute Skulpturen erschaffe, die die Sirenen neu definieren. Die Skulpturen stehen in der Ausstellung in einem Kreis und laden die Betrachter*innen ein, in diesen einzutreten, sich hinzugeben und der Gefahr der Gesänge auszusetzen. Ihre bunte, überzeichnete Darstellung erzeugt dabei eine starke Anziehung und Faszination, die den Bann der Sirenen spürbar macht. Mit offenen Mündern, zwischen Erde, Himmel und Meer, scheinen die
Figuren um Hilfe zu rufen, bleiben jedoch in ihrer eigenen Macht gefangen.
Welche Künstler, Illustrationen, Designer oder Musiker inspirieren dich gerade?
Elizabeth Sankey und ihr Dokufilm ‚Witches‘ hat diese Woche etwas in mir bewegt und bringt mich auf neue Gedanken. Die Musik von Laurel Halo weckt in mir das Bedürfnis, träumerische, mystische Szenen zu kreieren.
Vielen Dank liebe Lea! Ich freue mich auf unsere weitere gemeinsame Zeit im Atelier und natürlich deine anstehenden HANDFUL Workshops.
Findet Workshops mit Lea hier:
Freestyle Ceramics (6 Wochen Kurs) Ceramic Starter (einmalig)
Folgt Lea auf Instagram:
Comments